stiller advent in leipzig

Weihnachten ohne die Thomaner – das ist eigentlich undenkbar. Dass es in der über 800-jährigen Chorhistorie schon einmal ein Christfest ohne Gesang gab, darf bezweifelt werden. Zumindest berichtet keine Chronik davon, dass jemals in der Weihnachtszeit die Musik geschwiegen hätte. Und mit Sicherheit hätten die Chronisten solch ein einschneidendes Ereignis auch nicht ausgespart.

Dass aber in den Wochen vor dem Heiligabend, die heute gern als „Weihnachtszeit“ betitelt wird, auf Chorgesang verzichtet werden musste, war lange Zeit sogar die Regel. Denn im Advent erklangen in den Leipziger Kirchen bis weit ins 18. Jahrhundert hinein keine Kantaten. Mit einer Ausnahme: Am ersten Advent, wenn das neue Kirchenjahr begann, sollte festliche Musik erklingen. Aus Bachs Feder sind drei Werke für diesen Sonntag bekannt: „Nun komm, der Heiden Heiland“ BWV 61 entstand noch in Weimar, 1724 schuf Bach dann eine gleichnamige Kantate (BWV 62) explizit für Leipzig.

Von besonderem Interesse ist jedoch „Schwingt freudig euch empor“ BWV 36 aus dem Jahr 1731. Urbild der Kantate ist ein 1725 komponiertes Werk für Bachs Freund Johann Matthias Gesner. Diese Übertragung zeigt, dass der Thomaskantor den „stillen Advent“ vor allem nutzte, um Weltliches zu Geistlichem umzuarbeiten. Besonders eindrucksvoll gelang ihm das 1734, als er das Weihnachtsoratorium komponierte. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Text: Hagen Kunze
Foto: Matthias Knoch
Musik: www.rondeau.de/CD/ROP4040