singen für mozart

Er hatte schon ganz Europa bereist, aber erst zweieinhalb Jahre vor seinem Tod kam Wolfgang Amadeus Mozart Ende April 1789 auch nach Leipzig. Zunächst gab er ein Konzert im Gewandhaus, das zum Fiasko wurde: Da die Saison dort bereits beendet war, blieb der Besuch dürftig. Zudem spielte nur die zweite Garnitur des Orchesters. Die übrigen Kollegen hatten an jenem Abend im Theater Dienst, wo übrigens gerade „Die Hochzeit des Figaro“ gegeben wurde.

Zum Glück aber ließ sich der Wiener nicht beirren und stattete auch der Thomaskirche einen Besuch ab, wo er spontan an der Orgel musizierte. Johann Friedrich Doles, zu der Zeit Thomaskantor und an jenem Abend Mozarts Registrant, verglich den Künstler gar mit seinem Lehrer Johann Sebastian Bach und lud ihn in die Thomasschule ein, in der die Thomaner für ihn Bachs Motette „Singet dem Herrn“ sangen.

Was dann passierte, überlieferte der Musikschriftsteller Friedrich Rochlitz in einem überschwänglichen Bericht: „Mozart kannte diesen Albrecht Dürer der deutschen Musik mehr vom Hörensagen als aus seinen selten gewordenen Werken“. Weshalb sich Mozart auch Abschriften der Motetten anfertigen ließ und handschriftlich vermerkte „müsste ein ganzes orchestre dazu gesetzt werden.“ In höchsten Tönen lobte der Gast auch die Thomaner: „So einen Chor hat man in Wien, Berlin und Prag nicht.“

Text: Hagen Kunze