politik im jahr 1212

Alles begann mit einer Urkunde, die der Welfen-Kaiser Otto IV. am 20. März 1212 siegelte und die dem sächsischen Markgraf Dietrich erlaubte, in Leipzig ein Kloster zu stiften. Diese kaiserliche Bestätigung am ersten Frühlingstag 1212 gilt als Gründungsdatum von St. Thomas, auf das sich Chor, Kirche und Schule heute berufen. Genutzt wurde das neu eingerichtete Kloster mehr als drei Jahrhunderte lang von den Augustinern – jenem mittelalterlichen Bettelorden, der auf den Kirchenvater Augustinus zurückgeht.

Die Gründung der Thomana fällt in eine politisch bewegte Zeit. Und die Urkunde trägt gar das Siegel eines Kaisers, der vom Papst mit dem Bann belegt war – weil der weltliche Herrscher es gewagt hatte, Sizilien zu besetzen. Günstling des Papstes war vielmehr der Staufer Friedrich II., der schon als Zweijähriger 1196 zum deutschen König gewählt worden war, dem aber aufgrund seines Alters damals noch die Kaiserkrone verwehrt wurde. 16 Jahre später hatte der Staufer-Friedrich im ständigen Machtkampf mit dem Welfen-Otto jedoch die besseren Karten: Im Dezember 1212 wählten ihn die deutschen Fürsten erneut zum König. Der Krönung und einer siegreichen Schlacht folgte drei Jahre später auch die Anerkennung der Kaiserwürde durch den Papst. Vom Widersacher Otto blieb kaum etwas in Erinnerung – nur sein Siegel auf einer Urkunde, mit der eine bewegende mehr als 800-jährige Chorgeschichte begann.

Text: Hagen Kunze