kämpferische weihnachtsmusik

„Epiphanias“ nennt sich das Fest, das heute in den Kirchen zelebriert würde. Es ist älter als die Feiertage am Beginn der Weihnachtszeit: Bevor im Zuge der Christianisierung Europas der Heiligabend auf die Wintersonnenwende gelegt wurde, war der 6. Januar das historische Weihnachten. Die Christen feiern heute aber nicht einen Tag der Volksfrömmigkeit mit Hirten und Engeln im Stall zu Bethlehem, sondern die „Erscheinung Christi“.

Da erscheint es nur angemessen, dass der sechste Teil von Bachs Weihnachtsoratorium mit seinen trompetenumglänzten Rahmensätzen noch einmal die ganze weihnachtliche Pracht hervorruft. Ein klein wenig irritiert genau dies jedoch, wenn man sich die Entstehungsgeschichte vor Augen ruft: Möglicherweise, weil er während der Arbeit an der Übertragung weltlicher Glückwunschmusiken in sein Weihnachtsoratorium in Zeitnot geraten war, entschied sich Bach, als Abschluss eine heute verschollene Kantate zum Michaelisfest nahezu eins zu eins in sein neues Werk zu übernehmen.

Zum Festtag des Erzengels am 29. September rückt dessen apokalyptischer Streit gegen Satan in den Mittelpunkt des Gottesdienstes. Darum auch tönt diese Musik so kämpferisch von „stolz schnaubenden Feinden“ und Gläubigen, die nach dem Kampf mit dem Endgegner gerächt sind –oder, um es mit den Worten der Bach-Zeit zu sagen: „Nun seid ihr wohl gerochen“.

Text: Hagen Kunze 

Musik: J. S. Bach "Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben" (Eingangschor Kantate IV aus "Weihnachts-Oratorium), THOMANERCHOR Leipzig, Gewandhausorchester Leipzig, Thomaskantor Gotthold Schwarz (Accentus: ACC10479 DVD)