eine faustdicke überraschung

Als der Leipziger Rat im Juli 1657 über den Nachfolger von Tobias Michael zu bestimmen hatte, galt der Nikolaiorganist Adam Krieger, ein Günstling des Kurfürsten, als aussichtsreichster Bewerber. Doch der Rat ernannte überraschend Sebastian Knüpfer zum Thomaskantor – einen unbekannten 23-Jährigen ohne alle Referenzen.

Wie kam zu dieser Sensation? Eigentlich wäre die Wahl gar nicht nötig gewesen. Denn vier Jahre zuvor hatte der Rat Johann Rosenmüller eine Garantie für die Nachfolge von Tobias Michael ausgesprochen. Nur so ließ sich verhindern, dass der schillernde junge Musiker in Dresden Kreuzkantor geworden wäre. Im Mai 1655 aber wurde der Thomaskantor in spe wegen des Verdachts der Pädophilie verhaftet. Noch vor dem Prozess gelang ihm die Flucht. Eine Begnadigung lehnte der Kurfürst ab.

Nun hatte Krieger die beste Ausgangsposition. Mit seinem Bewerbungsschreiben verbaute er sich jedoch alle Chancen: Er sei nicht gewillt, außermusikalischen Unterricht zu erteilen, weil darunter die Lust am Komponieren verloren ginge, schrieb der Nikolaiorganist. Pech gehabt: Die Leipziger bevorzugten danach Knüpfer. Der nämlich hatte nicht nur Freude am Unterrichten, sondern verfasste zudem als einziger Kandidat seine Bewerbung in Latein.

Text: Hagen Kunze