alumnat mit spielplatz

Eine Festmusik für den Einzug ins neue Domizil wie sein Amtsvorgänger Bach hatte er zwar nicht komponiert. Aber dennoch wusste Thomaskantor Wilhelm Rust am 10. Oktober 1881 die Eröffnung des „Kastens“, wie das Alumnat seit Ewigkeiten von den Thomanern genannt wird, zu feiern: Motetten von Bach und Hauptmann sangen die Knaben, als sie den Neubau in der Leipziger Westvorstadt in Besitz nahmen.

Für die damals 60 Sänger bot der „Kasten“ in der Hillerstraße trotz mehrfacher Kürzung der Pläne immer noch weitaus bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen als das alte Alumnat am Thomaskirchhof. Die Wohn- und Schlafstuben waren deutlich geräumiger. Für die Übungsstunden stand visavis im Schulgebäude ein Saal zur Verfügung. Die Kücheneinrichtung entsprach 1881 modernsten Erfordernissen. Sogar an einen Spielplatz war gedacht worden.

Mit dem Umzug verband sich eine Umstukturierung der pädagogischen Dienste. Neue Stellen wurden geschaffen für drei Inspektoren – unverheiratete Lehrer, die abwechselnd jeweils eine Woche lang im Alumnat wohnten. Mehr als 100 Jahre oblag solch einem Trio die pädagogische Aufsicht über die Thomaner. Erst Ende der 1990er Jahre wurde das Modell reformiert: Aktuell kümmern sich neun Lehrer und Erzieher um rund 100 Sängerknaben.

Text: Hagen Kunze