ein superstar des mittelalters

Lästerzungen behaupten bisweilen, die Thomaner hätte trotz ihrer langen Geschichte kaum Bedeutendes aus der Zeit vor der Reformation vorzuweisen. Was keinesfalls wahr ist. Schon kurz nach der Gründung beherbergt St. Thomas einen Superstar: Heinrich von Morungen jedenfalls zählt zusammen mit Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach zu den bedeutendsten Minnesängern seiner Zeit. Am Ende seines Lebens tritt er als Chorherr ins Thomaskloster ein, wo er irgendwann nach dem Jahr 1218 stirbt.

Zuvor aber genießt der Meister mittelhochdeutscher Liedkunst ein bewegtes Leben, das ihn sogar nach Persien führt. Geboren wird er um 1155 auf der Burg Morungen bei Sangershausen. In seiner Jugend kommt er im Gefolge Kaiser Barbarossas bis ins Burgund und in die Provence, ehe er in den Dienst des Meißner Markgrafen Dietrich tritt, den er auf einem Kreuzzug begleitet.

Für das Leipziger Kloster lohnte sich der Eintritt des Sängers dreifach: Denn Heinrich sorgt nicht nur für künstlerischen Ruhm, er lässt auch das Jahreslehen von zehn Talenten, das ihm Dietrich nach Beendigung des Dienstes spendet, auf das Stift übertragen. Und ihm verdankt das Kloster auch sein Patronat: In Persien hatte Heinrich nämlich kostbare Reliquien des Jüngers Thomas erworben, die er nun jener Einrichtung schenkt, die für ihn zum Alterssitz wird.

Text: Hagen Kunze